

Der Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg befindet sich bereits in vollem Gange, doch inhaltlich wird alles von der Corona-Pandemie überschattet. Auch nach dem Landesparteitag der CDU Baden-Württemberg ist der Spitzenkandidat der Grünen und aktueller Ministerpräsident Winfried Kretschmann durch Meldungen zu Corona-Maßnahmen in den Medien deutlich präsenter. Hauptkonkurrentin Susanne Eisenmann von der CDU oder gar Politiker der Opposition, schaffen es bisher nicht, eigene Inhalte zu platzieren und entsprechende Aufmerksamkeit zu erlangen.
Die CDU nominierte schon vor über einem Jahr die aktuelle Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann als Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Baden-Württemberg. Bündnis 90/Die Grünen gehen wieder mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann ins Rennen. Weiter nominierte die SPD Andreas Stoch, für die FDP kandidiert Dr. Hans-Ulrich Rülke und für die Linke Sahra Mirow.
Winfried Kretschmann ist zwar selbst weder auf Twitter noch auf Instagram aktiv, hängt die anderen Kandidaten mit seinen 76.496 Facebook Abonnenten in diesem sozialen Netzwerk aber deutlich ab. Ihm folgt Susanne Eisenmann mit einigem Abstand. Sie hat 21.473 Abonnenten bei Facebook und 2.893 Abonnenten auf Instagram. Die anderen Spitzenkandidaten sind mit zwei- bis fünftausend Facebook Abonnenten deutlich auf Abstand.
Große Unterschiede gibt es in der Viralität der medialen Erwähnungen der Kandidaten. Mit dem Viralitätsindex, der misst, wie oft ein Beitrag geliked, geteilt oder kommentiert wurde, lässt sich die Relevanz von Beiträgen im Netz analysieren.
Winfried Kretschmann kommt durchgehend auf hohe Viralitätswerte, was durch sein Amt als Ministerpräsident nichts Ungewöhnliches ist. Der viralste Beitrag in Bezug auf Winfried Kretschmann auf Twitter ist mit einem Viralitätsindexwert von 2.998 ein Tweet von Jan Fleischhauer. Am 12.12.2020 twittert er: „Wenn Winfried Kretschmann einen Lockdown zum Mittwoch fordert, muss Markus Söder die Stilllegung Deutschlands ´noch vor Wochenmitte´ verlangen.” Auch bei Facebook punktet Kretschmann durch seine Rolle als Ministerpräsident. Seine viralsten Beiträge drehen sich alle um Lockdown-Verschärfungen oder Ausgangsbeschränkungen. Am erfolgreichsten war sein Post am 17. Oktober, in dem er sich an die Bürger wendet und die neuen Maßnahmen verteidigt, die auf Grund der zweiten Corona-Welle beschlossen wurden. Der Viralitätswert lag bei diesem Post bei 11.989. Bei seiner viralsten Medienerwähnung profitiert er wieder von seinem Ministerpräsidentenamt: ebenfalls Ende Oktober wird er in einer Meldung von Heise Online erwähnt. Die Nachricht „Corona-Lockdown: Droht tatsächlich eine akute Gesundheitsnotlage?“ kommt auf einen Viralitätswert von 28.181.
Auch Susanne Eisenmann kommt nur durch Meldungen zur Pandemie auf hohe Viralitätswerte, kann aber mit dem Ministerpräsidenten in diesem Thema nicht mithalten. Im viralsten Tweet zu Susanne Eisenmann geht es um die Lockdown-bedingten Schulschließungen. Der Tweet von Karl Lauterbach „Ankündigungen von Frau Eisenmann, Kultusministerin BW, heißt: allenfalls Jahrgänge 8,9 und 11 werden geteilt“ erreicht einen Viralitätswert von 9.852. Gepostet wurde er am 28.12.2020. Auch der viralste Facebook-Beitrag von Susanne Eisenmann selbst, in dem sie sich skeptisch gegenüber der Sinnhaftigkeit der Verlängerung der Weihnachtsferien zeigt, ist mit einem Viralitätswert von 6.342 nur ungefähr halb so erfolgreich, wie die Beiträge von Kretschmann. In den Nachrichten wird Eisenmann auch nur in Bezug auf die Pandemie und Schulschließungen relevant erwähnt. Der viralste Beitrag ist eine Info-Nachricht zur Pandemie von Bunte und kommt auf einen Viralitätswert von 8.393. Weiter geht es mit „Eisenmann will Schulen am 11. Januar öffnen“ von der Südwest Presse. Diese Meldung hat einen Viralitätswert von 5.685.
Die Spitzenkandidaten der anderen Parteien werden ebenfalls nicht mit eigenen Wahlkampfthemen erwähnt. Sowohl in den sozialen Netzwerken als auch in der Presse äußern sie sich entweder zu den aktuellen Maßnahmen oder werden in Berichten zum Wahlkampf erwähnt. Einzig der FDP-Kandidat Hans-Ulrich Rülke zeigt sich in seinen Facebook- und Twitter-Posts themenbezogener. Sein viralster Beitrag zum neuen umweltfreundlichen Diesel von Audi kommt aber nur auf eine sehr geringen Viralitätswert von 441. SPD-Kandidat Stoch wird in einer Meldung des Zeitungsverlags Waiblingen erwähnt. Doch auch diese Meldung „SPD will Verfassungsfeinden das Mandat entziehen“ kommt nur auf einen Viralitätswert von 809. Mit einer Viralität von sechs bei einer Nachricht von Heidelberg24 zu einem Gemeinderatsbeschluss gegen Luftreiniger in Klassenzimmern, liegt die Heidelberger Stadträtin und Spitzenkandidatin der Linken, Sahra Mirow, kaum über der Wahrnehmungsschwelle.
Analysiert man das Interesse an den Spitzenkandidaten über die Google-Suchen in den letzten drei Monaten in Baden-Württemberg liegt auch hier klar Winfried Kretschmann vorn. Sowohl bei ihm als auch bei Susanne Eisenmann steigen die Suchanfragen am 5. und am 14. Januar jeweils, wenn neue Entscheidungen zu den Corona-Beschränkungen getroffen wurden. Doch obwohl die Kultusministerin in der Frage der Schulschließungen oft im öffentlichen Diskurs erwähnt wurde, interessierten sich die Suchen eher für den Konkurrenten Kretschmann. Nach den Spitzenkandidaten der anderen Parteien wird in Baden-Württemberg gar nicht gesucht und die AfD hatte zum Zeitpunkt der Analyse noch keinen Spitzenkandidaten.
„Die Analyse der medialen Präsenz der Kandidaten zeigt, dass dem Wahlkampf aller Parteien die Themen fehlen. Winfried Kretschmann und die Grünen profitieren stark vom aktuellen Diskurs um die Pandemie. Doch weder die Regierungsparteien noch die Spitzenkandidaten der Oppositionsparteien finden medial mit eigenen Themen Erwähnung. Lehren aus der Pandemie und innovative Lösungen werden medial nicht platziert. Die Parteien und ihre Kandidaten verpassen hier die Chance darüber zu diskutieren, wie Baden-Württemberg in Zukunft gestaltet werden soll“, erklärt der Mediensoziologe Jürgen Scheurer, Geschäftsführer der Diskurs Communication GmbH, die die Analyse erstellt hat.
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